Elisabeth Seidel -
Elisabeth Seidel -

2016

I don't like it, I love it - Eine Untersuchung über das Hinsehen, Artist Book, Edition of 20

 

 

das ist eine Statue
die hat ’ne ganz tolle Figur
von den Proportionen her
und vor allem auch dein Gesicht das ist wirklich ein Traum
weil du hast auch von allem etwas
absolut zeitlos

sie hat eine gewisse attitude

 

Die Arbeit I don't like it - I love it zeigt in einer Gegenüberstellung von medial öffentlichen Sprachmaterial und inszenierter Objektfotografie den Versuch, fotografische und sprachwissenschaftliche Fragestellungen miteinander zu verknüpfen.Ergebnis dieser Auseinandersetzung ist eine Situation, die (Bild-)Sprache als Instrument erfahrbar macht und dabei die kollektive Wahrnehmung und Bewertung von Körper und Subjekt, den Drang zur Selbstdarstellung und die allgemeine Tendenz zur Ästhetik der Oberfläche in Frage stellt. Eine Textsammlung dokumentiert und inszeniert die sprachlichen Äußerungen der Topmodel-Jury, die sich auf die Bewertung und den Vergleich weiblicher Subjekte beziehen. Die schriftliche Form fixiert überspitzte Bewunderung, beschämende Bemängelung und groteske Anweisung zur Selbstoptimierung. Textspalten ordnen Gesagtes ihren Sprechern zu und legen kommunikative Strukturen offen, die unbemerkt soziale und ästhetische Bedeutung konstruieren. In der nüchternen Darstellung der Sprache entfaltet sich, fern von grellen Farben, mitreißender Musik und verheißungsvollen Stimmen die Inhaltsleere, Einseitigkeit und Beliebigkeit des Gesagten. Über die tatsächliche Wahrnehmung des weiblichen Subjekts legen sich medial vermittelte stereotype Wahrnehmungs- und Sprachmuster, die den weiblichen Körper in seinem Reichtum an Ästhetik und Bedeutung beschränken. Wahrnehmung verrinnt in Sprache. Sprache wird Muster und Ausdruck eines zerlegenden Blicks auf den weiblichen Körper. 

 

Hierzu untersucht der Text unter dem Rückgriff auf soziologische und psychologische Theorien von u. a. Georg Franck, Theodor W. Adorno und Heinz Bude, warum der Inszenierung von Körper und Selbst und der damit geforderten Aufmerksamkeit in der aktuellen Gesellschaft eine so bedeutsame Rolle zukommt. Darüber hinaus macht der Text die Überlegungen der Künstlerin zu den Zusammenhängen zwischen ästhetischer Wahrnehmung, fotografischer und textproduktiver Handlung und medialer Öffentlichkeit erfahrbar.